Zum Nachdenken

Folgendes Gedicht geht zur Zeit mächtig durch die Lande,
selbst mein Chef hat es mir in den Postkorb gelegt:

Kurt Tucholsky 1930 (Veröffentlicht in "Die Weltühne")

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nciht haben,
teten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heuißt, Bewohner müssen raus.

Trifft`s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken -
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verlustet kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Und wenn die Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist hat Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.

Geschrieben 1930!
Einfach mal drüber nachdenken!